Familie, Vergangenheit

Familie und der Warp-Antrieb 😉

Eltern

Dieses Foto wurde Anfang der 60er Jahre aufgenommen, in Italien. Ich war auch dabei, noch nicht in der Schule, und kann mich noch schemenhaft daran erinnern. Erst der Campingplatz, dann die kleine Ferienwohnung. Die Mauern an der Uferpromenade, Schwimmen im Meer, der Besuch beim Friseur, wo meinem Vater das Wort für Mädchen nicht einfiel, ich rannte doch immer rum „wie ein Junge“, so sagte man damals 😉 Meine Eltern, so jung, Mitte 20. Stolz waren sie, das erzählt Vater heute noch, stolz, sich diesen Urlaub „leisten“ zu können. Mutter hatte sich extra neue Schuhe gekauft. Mit Pfennigabsätzen, das mochte sie so.

Ich liebe dieses Bild. Eine junge Familie in den Wirtschaftswunderjahren.

Vater arbeitete hart, weil sie einen Traum hatten, ein eigenes Haus. Und Dank meiner Oma konnte auch Mutter „mitarbeiten“, damit sie sich den Traum schneller erfüllen konnten.

Sie haben sich diesen Traum erfüllt. Sie haben wirklich hart gearbeitet. Sie haben viele Höhen und auch Tiefen erlebt, miteinander, mit der Familie. Sie haben ihre Kinder zu „anständigen“ Menschen erzogen, die studierten, einen Beruf erlenten, immer auf eigenen Beinen stehen konnten, können. Sie waren stolz auf das, was sie sich erarbeitet haben.

Das ist meine Familie.

Ich hatte es nicht immer leicht mit ihnen. Sie hatten es nicht immer leicht mit mir. Sie verstanden mich nicht. Ein kleines Kind, hochbegabt, redet wie aus dem Buch, meist sonderbares Zeug, jedenfalls für sie. Meine Logik war ihnen suspekt und ich fühlte mich falsch.

Auch das ist meine Familie.

Ich hatte andere Träume als sie, andere Wünsche und Vorstellungen. Ich wollte nicht das, was sie wollten. Ich wollte mehr. Ich wollte immerzu lernen. Immerzu alles wissen, hätte es damals schon das Internet gegeben, ich wäre darin abgetaucht 😉 so habe ich mir nur Lexika gewünscht. Ich konnte kaum lesen, da war mein sehnlichster Wunsch ein Lexikon, denn da stand „alles“ drin, jedenfalls sagte das meine Großmutter, das Wissen der Welt in einem Buch!! Unglaublich!!

Sie verstanden mich nicht. Für sie war ich anders und durch sie fühlte ich mich anders. Ich war „nicht richtig“.

Aber sie waren meine Familie.

Am Wochenende war eine andere Familie hier, die meines Freundes. Wir haben beisammen gesessen und die Hitze ertragen 😉 das Kind hat das neue Froschplanschbecken eingeweiht und wir haben uns innerlich abgekühlt 😉 ein weiterer Freund von mir war noch dabei, die Themen nahmen kein Ende. Familie.

Als die Familie schon gegangen bzw. im Bett war, saß ich mit dem alten Freund (wir kennen uns über 20 Jahre) noch im Garten, wir schauten in den Himmel. Sterne gucken. Wir sprachen über Familie. Über unsere Kindheit. An der gleichen Stelle stand ich 48 Jahre zuvor mit meiner Kinderfreundin, die mit dem zahmen Vogel, den sie unbedingt einsperren wollte, und wir hielten uns an den Händen und schauten in den Himmel. Unsere Eltern hatten uns erlaubt, im Garten zu zelten. Das war spannend. Und als es dunkel wurde, schauten wir also in den Himmel, denn ich wollte unbedingt das Ende des Universums sehen 😉 Mein Opa hatte vorher vergeblich versucht, mir die Unendlichkeit zu erklären 😉 und ich wollte nun ganz genau wissen, was nach dem Ende kommt. Es dauerte uns zu lange, so brachen wir das Experiment ab 😉

Dem alten Freund erzählte ich das und so kamen wir auf Lichtgeschwindigkeit und den Warp-Antrieb und dass man, theoretisch, mit Warp 10 überall zur gleichen Zeit sein kann 😉 Wie gut, dass ich das damals noch nicht wusste, mein armer Großvater wäre wahnsinnig geworden, er hat mir ja nicht mal die Sache mit dem ä erklären können 😉 :

 

Ich sitze auf einer Decke auf dem Boden im Wohnzimmer. Ich darf die Decke nicht verlassen, hat Oma gesagt, vorher muss der Sand abgeklopft werden. Überall ist Sand. In den Strümpfen. Sogar im Unterhemd. Ich warte auf Oma. Aber die kommt nicht. Ich lege mich auf die Decke.

Opa liegt auf dem Sofa. Wir gucken Fernseher.  Ein Mann liest vor. Das ist langweilig. Er liest Lottozahlen vor. Von gestern. Und er sagt “Ohne Gewähr”. 

“Opa? Warum sind Lottozahlen ohne Pistole?” 

Opa setzt sich auf und guckt mich an. “Ohne Pistole? Wie kommst Du denn auf sowas?” 

“Der Mann hat doch gesagt, das ist ohne Gewehr.”

Opa lacht ganz laut. “Nein, Kind, damit ist kein Gewehr gemeint. Gewähr, mit ä.” 

“Was ist ein ä?” 

“Das ist ein Buchstabe. Wenn Du in die Schule kommst, dann lernst Du das alles. Ein Gewehr mit e ist was anderes als Gewähr mit ä.” 

“Können die beide schießen?” 

“Nein! Das Gewehr mit e kann schießen, Gewähr mit ä meint Gewährleistung, kennst Du das Wort?” 

“Nein, kann das schießen?” 

“Gott Kind, hör mit Deinem Schießen auf!” 

“Aber wieso sagen die dann, die Lottozahlen sind ohne Pistole?” 

“Gewähr! Er hat Gewähr gesagt, nicht Pistole!!” 

“Aber eine Pistole ist wie ein Gewehr, nur in kleiner.” 

Opas Gesicht wird ein wenig rot. Er guckt mich ernst an. “Kind, ein Gewehr kann schießen, und Gewähr mit ä meint Sicherheit, ohne Gewähr heißt also, ohne Sicherheit!“

Das verstehe ich. Weil wenn man ein Gewehr hat, ist man sicher. Dann kann man schießen. Aber wieso muss man bei Lottozahlen schießen? Das verstehe ich nicht.

“Opa, heißt das, dass die sicher sein müssen bei den Lottozahlen?” 

“Ja! Ja genau, die können nicht mit Sicherheit sagen, ob die stimmen.” 

“Und darum schießen die?” 

“Die schießen nicht!!!!” schreit Opa “bei Gewähr mit ä schießen die nicht!!!!”

“Und woher wissen die, ob das Gewehr ein ä hat oder nicht?”

Opa guckt mich ganz komisch an. Er legt sich wieder hin und sagt kein Wort.

Oma kommt rein mit einem Tuch, ich soll mich ausziehen und den Sand abklopfen.

“Oma, Opa hat gesagt, bei den Lottozahlen haben sie keine Pistole.”

Oma guckt Opa an. “Was Du dem Kind wieder alles erzählst.” Opa sagt nix. Ich glaube, er wird eine ganze Weile nichts sagen. Er guckt nur an die Decke. Und ich überlege, warum die beim Lotto kein Gewehr haben und doch schießen müssen. Aber ich frage Opa nicht. Ich glaube, er weiss auch nicht so genau warum.

4 Gedanken zu „Familie und der Warp-Antrieb 😉“

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