Krebsgedanken, Leben

Glaubensbekenntnis

Ich stehe im Bad vor dem Spiegel und denke nach. Eigentlich will ich schon länger einen Blogbeitrag schreiben, aber wie das so ist mit dem eigentlich, fällt mir nichts wirklich ein. Ich denke also nach. Ich schaue meine grad hergerichtete Frisur an und bin ganz zufrieden, mit dem neuen Aufpeppschaum sieht es recht ordentlich aus, wie eine richtige Frisur mit richtig viel Haaren. Naja, viel, sagen wir ausreichend. Und die neue Tönung ist auch gut, keine hormonell wirksame Sch… drin, wie bei fast allen dunkel färbenden Produkten und genau die Farbe meiner Augenbrauen, es passt also. Wenn ich keinen Krebs gehabt hätte, wäre das dann auch ein Thema? Nun gehört aber Krebs zu meinem Leben. Und nun stehe ich hier und denke nach.

Ist Krebs ein Schicksalsschlag? Ist man an Krebs selber schuld? Kann man Krebs mit der „richtigen“ Lebensweise verhindern? Hat man es selber in der Hand, ob man gesund bleibt oder nicht? Nun, dass das Schicksal einen schlagen kann, das wissen wir, nicht nur mit Krebs. Lastwagen rasen in Stauenden, Autos über die Autobahn, all das kann Menschenleben fordern, Feuer vernichten so manches, ja, das Schicksal kann einen schlagen. Aber mit der Schuld ist das so ein (katholisches) Ding, Frauen sind ja sowieso schuldig wegen dem Apfel, also Eva hat mit der Schuld angefangen. Oder der Erbsünde. Oder was auch immer, war jedenfalls böse und bescherte uns Jahrhunderte der Hexenverfolgung und sonstiger grausamer Dinge. Aber Krebs?

Wie sieht es mir der „richtigen“ Lebensweise aus? Dass bestimmte Dinge Krebs verursachen können, nun, das ist ja wohl mittlerweile Konsens. Brauch ich nicht aufzählen. Gehören auch industriell gefertigte Dinge zu, die vermutlich mehr Krebs erzeugen als alle Zigaretten zusammen. Ist aber nur eine Vermutung. Hat man es also selbst in der Hand?

Nein, hat man nicht. Das ist es, was ich glaube. Man hat das Leben nicht in der Hand. Man kann einiges beeinflussen, positiv wie negativ. Aber in der Hand? Wir haben nichts in der Hand, nicht mal den Spatz, der die berühmte Taube aussticht.

Ich glaube, wir leben in einer Zeit, in der wir alle denken, wir können bestimmen. Wir denken, wir können regeln. Wenn wir nur… dann… und wir wollen alles besonders gut machen, im SPIEGEL Anfang des Jahres war ein Bericht über den Wahn der Selbstoptimierung. Immer besser werden. Optimaler. Erfolgreicher. Und es liegt an uns, das sagen die Bücher, YouTube-Filmchen, die immer mehr werdenden Coaches und Trainer, sie alle sagen, wir könnten, wenn wir nur wollten. Aber wir haben nicht. Nichts haben wir. In der Hand.

Ich glaube, dieses ganze Gequatsche von den Himbeeren, die der Krebs nicht mag, von der angeblichen Krebspersönlichkeit, von diesem ganzen verschwurbelten Mist, das ist alles nur ein Ablenkungsmanöver. Von der Tatsache, dass wir nichts bestimmen können.

Wir können einiges tun, wir können sinnvolle Maßnahmen ergreifen, vernünftig leben, uns ausgewogen ernähren… all das können wir tun. Aber egal was wir auch tun oder unterlassen. Es ist keine Garantie für nichts. Es erhöht lediglich Wahrscheinlichkeiten.

Ich glaube, das Leben funktioniert ganz anders, als wie ich immer gedacht habe, wie es funktioniert. Ich glaube, das hat nichts mit meinem Krebs zu tun, dass ich jetzt so denke. Ich glaube nicht, dass der Krebs mich klüger gemacht hat. Ich glaube einfach, dass ist das Leben, alt werden, darüber nachdenken, erkennen, günstigstenfalls weiser werden. Lernen, mit allem umzugehen.

Jetzt höre ich auf zu denken und gehe schlafen. Ist ja doch noch ein Blogbeitrag draus geworden 😉

Gute Nacht 🛌💤😴

7 Gedanken zu „Glaubensbekenntnis“

  1. Freut mich sehr wieder mal was von Dir zu lesen.
    Da kann ich Dir nur zustimmen, das habe ich auch erst im Laufe des Lebens begriffen, dass man im Leben vieles gar nicht in der Hand hat und der ganze Selbstoptimierungswahn quatsch ist und die Menschen nur unzufrieden macht. Da steckt ja eine ganze Industrie dahinter (Schönheits-, Fitnessindustrie, Ratgeber etc. ) die davon leben.
    Sag mal was hast Du denn da für eine Tönung gefunden ohne hormonell wirksame Stoffe, die dann auch noch gut deckt ? Ich habe ja immer ein schlechtes Gewissen beim Färben, weil ich leider noch keine Farbe oder Tönung gefunden habe ohne hormonelle Stoffe. Die Pflanzenfarben decken leider die grauen Haare nicht wirklich gut ab. Hab das Problem dann gelöst in dem ich so färbe dass die Farbe nicht an die Kopfhaut kommt (außer beim Ausspühlen) .
    LG

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    1. Das ist die Tönung von DM, aber da ist auch Gift drinne, nur eben nicht hormonell wirksam. Ich gehe ja im August in Ruhestand, dann höre ich damit auf, ich hab nur jetzt keinen Bock auf das Erstaunen der Kolleginnen und Kollegen, wie grau ich doch geworden sei 😜

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    1. Ich nutze die App CodeCheck auf meinem Handy, damit kann man den Strickcode auf den Produkten scannen und dann wird angezeigt, was darinnen ist und wie das eingeschätzt wird, ziemlich gut. Die bieten dann auch alternativen an. Versuch das doch mal.

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  2. Ich hab im DM geschaut aber nichts gefunden. Vielleicht gibt`s die nur in Norddeutschland (?) .
    Ähm ich meinte Mail , nicht PN .
    LG

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  3. Danke für den Tipp mit der App, aber leider haben wir kein Smartphone und können sie deshalb nicht nutzen.
    Ich habe aber die Inhaltstoffe von allen Marken (Tönungen und Farben) im DM durchgeschaut und überall ist die hormonell wirksame CHemikalie “ RESORCIN/RESORCINOL“ drin.

    Es gibt nur verschiedene Arten von dem Resorcin, deshalb steht bei manchen z.b.
    „2-Methylresorcinol“ drauf . Das ist aber auch die hormonell wirksame Chemikalie Resorcin. Da scheint die App wohl eine „Lücke “ zu haben. Nur in den Pflanzenfarben ist sie nicht drin.

    LG

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